• © Ramona Stonner
  • © Thomas Körner-Wilsdorf
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  • © Thomas Körner-Wilsdorf
  • Zeichnung: Günther Prechter – Foto: Matthias Weissengruber

„Wohnzimmer“ für Flüchtlinge, Augsburg

Umbau von einer Busgarage zum Café. Der Anlass zum Projekt war die Eröffnung einer Sammelunterkunft in unmittelbarer Nähe.

Status
Sonderprojekt

Art der Bewohner
Öffentlichkeit

Anzahl der Bewohner
100

Bauverfahren
Umbau / Altbausanierung

Bauverfahren (Detail)
Umbau Busgarage

Land
Germany

Architekt
Dr.-Ing. Günther Prechter,Bregenz; Thomas Körner-Wilsdorf,Augsburg

Auftraggeber
Tür-an-Tür e.V. Augsburg

Ausführende Firma
Schüler, Studenten, Nachbarn und Asylsuchende, Handwerker mit ehrenamtlichen Helfern

Der Verein „Tür-an-Tür“, 1992 gegründet, betreibt im ehemaligen Augsburger Straßenbahndepot, heute als Industriedenkmal geschützt, seit April 2012 das Zentrum für interkulturelle Beratung (zib). Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten finden hier Ansprechpartner, Sprachkurse und Beratung bei der Suche nach Job und Wohnung. Das kürzlich eröffnete Café ergänzt das Angebot nun um ein „Wohnzimmer“ zur informellen Begegnung.
Seit einem knappen Jahrzehnt praktizieren Günther Prechter, Architekt in Bregenz, und Thomas Körner-Wilsdorf, Kunstlehrer und Bauverantwortlicher am Augsburger Holbein-Gymnasium, gemeinsam „Bauen als Selbsthilfe“. Mit dem Café Tür-an-Tür kommen partizipatives Architekturverständnis und tagesaktueller Bedarf an robusten Integrationsmodellen zusammen. Für das neue Café wurde eine alte Busgarage im Werkstättentrakt des zib-Geländes umgenutzt. Der drohende Konflikt mit Quartiersbewohnern vor der Eröffnung einer Sammelunterkunft für Asylbewerber in der Nachbarschaft bot den Anlass, der Umbaumaßnahme Chancen zur Beteiligung, Integration und Identifikation abzugewinnen. Der Kompetenzpool der Tür-an-Tür-Aktiven wurde intensiv in die Planung einbezogen, in Quartiersworkshops Bedarf und Wünsche von Nachbarn abgefragt, im Bauprozess jede sich anbietende Hand beteiligt: Schüler, Studenten, Nachbarn und Asylsuchende mischten sich mit Handwerkern. Die Dachbalken und die Wände wurden von jahrzehntealtem Werkstattstaub befreit, die Dachuntersicht wärmegedämmt und mit Holzwolleplatten akustisch optimiert, sägeraue Tannedielen verlegt, Lärchenlatten zu Bänken verschraubt, die Oberflächen maßgefertigter Ahorntische geschliffen, der Lack der Thekenfront auf Hochglanz poliert und Patchworks genäht – das können viele, mit Hilfestellung auch Ungelernte.
Zum Gelingen trugen der große Zeitrahmen, eine auf Lowtech-Fertigung zielende Detailplanung, die Baustellenpräsenz des Architekten, sowie Handwerker bei, die ehrenamtliche Helfer in ihre Leistungen integrierten. Das partizipative Verfahren ließ sozialen Mehrwert wachsen: Milieuübergreifende Freundschaften entstanden, die den gemeinsam geschaffenen Raum nun, moderiert durch Tür-an-Tür, als bedarfsorientierte Kreativwerkstatt und offene Begegnungsplattform nutzen.

Text: Kirsten Klingbeil
Aus: Stadtbauwelt 48.2015

Foto 1: © Ramona Stonner / Foto 2, 3, 4, 5: © Thomas Körner-Wilsdorf / Zeichnung: Günther Prechter – Foto: Matthias Weissengruber