Preisträger Berlin Award 2016 Heimat in der Fremde
Status | Art der Bewohner |
Anzahl der Bewohner | Bauverfahren |
Bauverfahren (Detail) | Land |
Wohnfläche pro Person (m²/Person) | Architekt |
Auftraggeber | Ausführende Firma |
Hotelgäste mit Flüchtlingen unter einem Dach zusammenzubringen, das ist seit dem „Grand Hotel Cosmopolis“ in Augsburg ein fast schon bewährtes Konzept. Auch in Wien hat die Caritas ein in die Jahre gekommenes Seniorenheim zum Hotel umfunktioniert, allerdings mit einem anderen Schwerpunkt: Erklärtes Ziel ist es, Flüchtlinge in bezahlte Arbeit zu bringen. Für vorläufig fünf Jahre bietet die Caritas Asylbewerbern die Möglichkeit, legal zu arbeiten, an der Rezeption, in der Küche, im Service. 20 von gut 30 Angestellten sind Zuwanderer aus 16 Nationen. Sie wohnen allerdings nicht im Hotel, lediglich der Westflügel des Gebäudes, der einen eigenen Eingang hat, wird als Wohngemeinschaft für etwa 25 minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge genutzt.
Das ehemalige Pensionistenheim „Haus Josef Macho“ liegt zentral in der Nähe des Wiener Prater. Bis 2014 wohnten in der Laufbergergasse 12 noch Seniorinnen und Senioren, sie konnten in einen nahegelegenen Neubau umziehen. Mit dem Umbau des abgewohnten Bestands aus den sechziger Jahren wurde das Architekturbüro AllesWirdGut beauftragt. Das begrenzte Budget von 1,55 Millionen Euro floss in die Haustechnik und die Erneuerung der Steigleitungen, hinzu kamen Brandschutzmaßnahmen. Die Fassaden blieben unangetastet, der Garten wurde mit Holzterrassen als Café gestaltet. In den einstigen Speisesaal im Erdgeschoss haben die Architekten Restaurant, Lobby, Bar und Bibliothek eingebaut. 78 Zimmer gibt es im Hotel, zwei Drittel haben eine Loggia. Für die Ausstattung haben die Architekten eine Crowdfunding-Campagne gestartet, die 57.000 Euro zum Kauf von Betten, Decken, Matratzen und Geschirr einbrachte. Aus den Lagern der Caritas wurden Möbel geholt und umgestaltet, Sessel und Schränke aus dem Altersheim wurden von dem Designer Daniel Büchel zu Ablagen und Nachttischen umgearbeitet. Aus Kostengründen mussten sowohl die Kunststofffenster des Bestandes bleiben als auch die Bäder, lediglich kaputte Fliesen wurden ausgetauscht. „Die soziale Dimension von Vintage“, wie es die Architekten nennen, unterscheidet dieses Hotel von anderen Shabby-Chic-Hotels. Dass ein Sozialverband wie die Caritas sich ein international bekanntes Architekturbüro ins Boot holt, hat sicher viel dazu beigetragen, dass aus einem „Social Business“ in wenigen Monaten ein stadtbekanntes Hotel wurde.
Text: Doris Kleilein
aus: Stadtbauwelt48.2015